Aus meiner Sicht:
1. Den Jedi kann man nachsagen, dass sehr viele der Grundwerte dort auch Grundwerte in verschiedenen Weltreligionen sind und im Kern eigentlich die allermeisten nach ähnlichen Werten streben... aber oft abgedriftet sind oder sich gespaltet haben. Das Motiv finden wir in Star Wars auch auf vielen Arten und Weisen wieder. Das sieht man auch wie die Jedi, Sith usw. entstanden sind. Der Mensch interpretiert und verwertet das Wissen das er hat. Und damit kann man kreativ auch Konstrukte erzeugen, wie eben die Jedi und Sith etc. Dass sich über die Jahre das Bild verfeinert, erweitert und auch Plotholes / Logikfragen geklärt werden, ist naheliegend. Und es ist auch faszinierend anzusehen, wie "real" die Jedi in den Filmen vom Wesen her wirken können. Es ist nachvollziehbar. Ihre Stärken und ihre Schwächen. Was sie groß gemacht hat und was ihre Makel mitsamt Niedergang waren. Und ich kann mich Tamur auch nur anschließen mit: "Der Weisheit ist es egal, aus welcher Quelle sie stammt".
Gerade der Satz "Scheitern der beste Lehrmeister ist" verstand ich erst wirklich, als ich mit dem Thema Scheitern, Fallen und Verlieren konfrontiert wurde. Dass es ein Danach gibt. Dass Lernen auch Scheitern bedeutet. Probieren, machen, so oft bis es klappt. Es geht viel um Angst. Sehr viel sogar.
2. Ja, den gibt es, allerdings sind einige Spaltungen auch aus Konflikten entstanden, weswegen sich bestimmte Strömungen meiden. Andernseits sind auch Abspaltungen aus vorhandenen Orden entstanden, die entweder bis heute Bestand haben oder als "Protestbewegung" schnell verloren gingen, weil sie eigentlich nur ihre Enttäuschung verbunden hatte. Die letzten 10 Jahre hat man so einige solcher Fälle verfolgen können. Gerade wenn man keine Grundlage hat, keinen wirklichen Kodex, kein gemeinsames Selbstverständnis, wird es schnell schwierig. Von den vorhandenen Orden sind einige auch sehr klein geworden, oder haben sich aufgelöst. Andere sind gewachsen. Es gibt aber auch Orden, die öffentlich gar nicht auftreten und rein lokal existieren oder im kleinen Kreise. Die Ausrichtung derer kann vielschichtig sein. Von erweitertem Fanclub mit karitativem Charakter über Spendensammeln bis Krankenhausbesuche bis hin zu fast schon Shaolin-ähnlichen Gruppen, die auch ähnlich intensiv den Fokus auf Selbstentwicklung von Körper, Geist und Seele ausrichten.
3. Ich bin seit ca 2006 in dem ganzen Konglomerat aus Jeditum/Jediismus aktiv, allerdings mit vielen Unterbrechungen. Ab Ende 2013 war ich dann wirklich fest aktiv in dem Bereich in einem solchen Orden. Ich hab einiges im Leben durchlebt und habe wie viele andere damit und damals einen Ort gesucht, an dem ich verstanden wurde. Ein ehemaliger Freund, der damals schon in einem solchen Orden war, hat mich 2013 überzeugt, einzusteigen. Ein Ort, der mich auffängt. Und das auch tat. Allerdings ist damit fatalerweise ein großes Unglück passiert, das sich über Jahre hinweg gebildet hat. Während ich einem Orden beitrat, der die Jedi real leben wollte, war ich einer von vielen, die eine Menge Probleme im Leben hatten und diese auch mit brachten. Weil so manche Communities ziehen gerne Menschen an, die einfach einen sicheren Hafen suchen, einen Safe-Space, wo sie akzeptiert werden, wie sie sind. Und das ist etwas, das auch sehr verborgen oder hintergründig geschehen kann. Über die Zeit waren viele Menschen dabei. Viele mitten im Leben, viele auch mit teils kleineren bis schwerwiegenden mentalen Problemen und Herausforderungen. Leider ist eine Tatsache dazu sehr unangenehm und für diese Menschen dann sehr ausschließend: Wenn man wirklich ernsthaft einen Orden aufbauen möchte, müssen die Menschen eine grundlegende psychische und soziale Stabilität schon mal mitbringen und auch behalten können. Diese Erfahrung und Erkenntnisse kamen mit den Jahren und oft auch mit schweren Konflikten. So wunderbar und liebenswert so viele von diesen Menschen oft sind/waren, so viele Krisen wir gemeinsam durchgestanden haben, jeden Sieg gefeiert haben, wenn jemand safe war; der Orden war dann leider oft immer etwas zweitrangig. Obwohl das eigentlich auch eine der wichtigsten Kompetenzen der Jedi ist: Zu helfen. Nur um es mal sehr überspitzt auszudrücken: "Man kann auf einem Schlachtfeld keinen Soldaten richtig ausbilden." Die Konflikte stiegen leider auch an. Viele machten eine Auszeit, kamen wieder, einige verließen den Orden. Aber es gab nie wirklich Ruhe. Und ich war einer von diesen geschundenen Seelen. Ich war voll mit Konfliktpotential, war emotional sehr, sehr instabil, impulsiv, beeinflussbar und überidealistisch sowie wenig selbstbeherrscht.
Reale Treffen waren oft sehr harmonisch und wirklich schön. Virtuell war es oft schwierig. Es gab nie wirklich einen gemeinsamen roten Faden. Das hatte viele Folgen. Es hat Menschen frustriert, geprägt aber auch ein paar Menschen mit bösen und ungesunden Absichten angezogen, was in 1-2 spezifischen Fällen sogar brandgefährlich war. Vertrauen war ein großes Problem. Vieles lief unterbewusst. Man wollte etwas leben, aber viele waren da um vor sich zu flüchten, genau wie ich. Es nützt eben nicht eine goldene Halle mit Burg zu haben, wenn in ihr keine echten Ritter wohnen, die dem Ganzen gerecht werden können. Allerdings war das alles auch sehr chaotisch. Niemand blickte wirklich durch, es fühlte sich alles wie ein chaotisches Karussell an. Es war kaum möglich einen gemeinsamen Nenner zu finden, damals. Wir haben uns gegenseitig einfach nur aneinander abgerieben. Es hat mich als Mensch geprägt. Und es gibt da auch keine Schuld. Es ist einfach passiert. Wenn viele Menschen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, dann ist das Chaos einfach perfekt. Wie will man da noch Überblick finden? Und das macht müde und es zermürbt. Freundschaften wurden auch dadurch viele zerstört. Für mich geht es auch nicht um Schuld. Früher schon, aber aufgrund eines toxischen Mindset. Ich hab früher sehr viel ungesünder gedacht. Aber grade diese Erfahrung war auch immens wichtig. Heute bin ich in mehreren verschiedenen Gruppen aktiv, die sich mit Jediismus befassen. Und auch erst seit Therapie und weiteren Ereignissen der letzten 8-9 Monate verstehe ich auch so viel mehr. Manchmal ist der beste Weg aus einer Krise, sich der Angst zu stellen und zu sich zu sagen: "Okay, wir haben versagt. Gestehen wir es und ein." - Es gibt ein Danach. Und genau das hat es mich gelehrt. Die Angst vor dem Scheitern abzubauen. Das Fallen zu zu lassen. Auch wenn die letzten 8-9 Monate die intensivsten und produktivsten waren, die letzten 10 Jahre waren immens vollgestopft mit wertvollen und wichtigen Erlebnissen und Erinnerungen. Ich will das Gute behalten, Vorurteile abbauen, Situationen und Geschehnisse von emotionaler Bewertung entkoppeln und einfach Gleichgewicht finden. Aber noch wichtiger: Es immer wieder zu erlangen, sollte ich es mal verlieren.